Guanyin - Bodhisattva des Mitgefühls
Guanyin – Bodhisattva des Mitgefühls

Bewusstheit gegen Ego – Die Zeitmaschine im Kopf

Du bist ein Zeitreisender.

Wusstest du das?

Nicht nur du. Wir alle sind das.

Hast du ein paar Minuten? Ein wenig Zeit für eine der womöglich wichtigsten Lektionen in deinem Leben? Ich möchte dir heute ein Thema näher bringen, dass mein Leben nachhaltig verändert hat. Und ich behaupte, dass es auch dein Leben beeinflussen kann, wenn du dich darauf einlässt.

Aber eines sei gleich vorweg gesagt. Das Thema ist komplex und viele Bereiche schneide ich nur an, da man damit jeweils eigene Artikel füllen könnte. Mir ist viel wichtiger, dass du das große Ganze siehst. Ich will versuchen dir zu zeigen, was bei vielen von uns im Alltag richtig falsch läuft, so dass einige Menschen am Ende ihres Lebens aufwachen und realisieren, dass sie die meiste Zeit nie wirklich bewusst gelebt haben.

Klingt nach einer großen Aufgabe, oder? Also mach es dir gemütlich, nimm dir eine Tasse Tee, ein Glas Wein oder was immer du magst zur Hand und los geht’s.

Bewusstheit im Buddhismus - Guanyin

Der Autopilot – du bist nie wirklich da

Du hast heute schon unzählige Zeitreisen gemacht – warst mal näher und mal weiter fort. Ja, natürlich nicht jeder Teil von dir. Dein Körper war sehr wahrscheinlich in der Gegenwart und hat funktioniert wie jeden anderen Tag auch.

Und bevor du jetzt etwas anderes denkst: Es sei dir versichert, dass ich weder betrunken noch anderweitig berauscht bin, während ich diese Zeilen schreibe.

Lass es mich erklären.

Erkennst du vielleicht einer der folgenden Situationen:

  • Auf dem Weg zur Arbeit überlegst du, was du dort alles zu erledigen hast und/oder womit du anfängst.
  • Du überlegst bereits morgens, was du an diesem Tag noch alles tun wirst.
  • Das nächste Wochenende, die nächste Party, der nächste Urlaub werden lange vorher gedanklich genau durchgespielt.
  • In Gedanken erlebst du die letzte Reise immer und immer wieder.
  • Der Streit mit einem Freund, deiner Partnerin, den Eltern lässt dich einfach nicht los.
  • Wenn du mit Freunden im Restaurant bist, redet ihr über all die Dinge, die euch im Beruf oder in eurer Beziehung in der letzten Zeit passiert sind. Oder ihr redet darüber, was ihr demnächst alles vorhabt.

Solche Situationen kennen wir wahrscheinlich alle mehr oder minder stark ausgeprägt. Du auch? Dann willkommen in der Zeitmaschine. Das ist sozusagen der Normalzustand. Unsere Gedanken drehen sich permanent um Vergangenes oder Zukünftiges.

Das nehmen wir in unserem schnelllebigen Alltag allerdings kaum wahr.

Manchmal unterhalte ich mich mit Freunden oder Kollegen und weiß hinterher kaum mehr, was sie erzählt haben. In meinem Kopf war es wichtiger sich mit Dingen zu beschäftigen, die ich später unbedingt noch erledigen müsste. Oder anstatt mich auf das zu konzentrieren, was ich gerade tue, erlebe ich in Gedanken den letzten großen Krach mit wem auch immer wieder und wieder.

Zeit und Bewusstheit hängen miteinander zusammen

In der Gegenwart bin ich hingegen nur selten. Sehr selten. Und das ist bei dir wahrscheinlich nicht anders. Was heißt das überhaupt „in der Gegenwart sein“?

Am ehesten sind wir präsent, wenn wir etwas Ungewöhnliches oder Extremes erleben. Stell dir vor, du hattest gerade einen Autounfall. Sofort halten wir die Zeitmaschine an und sind mit den Gedanken in der gegenwärtigen Situation. Oder der Augenblick, wenn du dein Neugeborenes das erste Mal in den Händen hältst. Diese Art von Situationen meine ich.

Aber den Großteil der Zeit funktioniert unser Körper wie auf Autopilot, während unser Geist nicht wirklich im Hier und Jetzt ist.

Du lebst permanent in der Zukunft

Oft erwische ich mich, wie ich auf dem Weg zur Arbeit, beim Einkaufen, beim Aufschließen meiner Wohnungstür usw. gedanklich permanent ein paar Augenblicke in der Zukunft bin und eine Probe dessen aufführe, was als nächstes passiert.

  • Welchen Film gucke ich mir heute Abend an?
  • Was sage ich geschwätzigen Kollegen, wenn sie mich heute wieder von der Arbeit abhalten?
  • Was muss ich beim Kochen als erstes tun?
  • Wie verhalte ich mich gegenüber der der hübschen Kassiererin, wenn ich an der Reihe bin?

Klar, was ich meine, oder?

Dem Blick in die Zukunft sind jedoch keine Grenzen gesetzt. Wir spielen im Kopf sowohl den heutigen Abend, den nächsten Tag, das kommende Wochenende als auch das nächste Date, die anstehende Reise, das nächste Jahr oder sogar unser ganzes zukünftiges Leben durch.

Ja, richtig! Unser ganzes Leben. Das musst du dir mal vorstellen!

Innerhalb von Sekundenbruchteilen, kannst du ein ganzes Leben im Kopf leben. Sogar mehrmals hintereinander und in allen Variationen. Mal heiratest du, mal gehst du auf Weltreise, vielleicht begehst du sogar mal Suizid.

Wir erleben so viel, obwohl wir es nie wirklich erleben.

Das Simulieren unserer Zukunft ist normal und für unsere Entwicklung auch unabdingbar. Aber es hat Vor- und Nachteile.

Vorfreude mag die schönste Freude sein, jedoch lenkt sie den Fokus weg von dem, was eigentlich wichtig ist. Sie hält dich fern vom gegenwärtigen Augenblick.

Ängste und Sorgen mögen ihren Platz haben. Die meiste Zeit zerbrechen wir uns dabei aber den Kopf um Dinge, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nie eintreten werden. Vor allem verlieren wir dadurch auch hier den Blick für das Wesentliche. Zukunftsängste halten dich fern vom gegenwärtigen Augenblick.

Wald im Winter

Ohne Bewusstheit verpasst du das Leben selbst

Eigentlich ist das doch ganz normal, oder? Wo bitte ist das Problem?

Mach dir bitte eine Sache bewusst. Wenn du mit deinem Kopf ständig in der Zukunft bist und nicht im Hier und Jetzt, verpasst du damit auch ein Stück weit das Leben selbst. Du verlierst den Blick für die Dinge, die um dich herum passieren, nimmst kaum Details war und siehst auch all die Wunder nicht, die in den Dingen um uns herum stecken.

Und das ist der Normalzustand Tag für Tag. Einen Tag zu verlieren wäre wohl nicht so tragisch. Jeden Tag einen Tag zu verlieren dagegen schon.

Einfach ausgedrückt, du kannst Schönes nicht genießen, wenn es dir wiederfährt. Du siehst es ja nicht mal.

Zu esoterisch?

Ich gehe noch weiter und behaupte, dass du unmöglich glücklich werden kannst, solange du dir dieser Problematik nicht völlig bewusst wirst.

Was macht dich happy? Vielleicht bist du jetzt geneigt, Momente aufzuführen in denen wir beispielsweise:

  • ein neues Auto kaufen und zum ersten Mal fahren können,
  • in eine größere Wohnung oder in unser teuer bezahltes Eigenheim ziehen,
  • endlich die große Reise antreten, die wir schon so lange planen,
  • eine neue Beziehung beginnen,
  • den lang ersehnten Universitätsabschluss in der Tasche haben,
  • ein neues Haustier bei uns aufnehmen.

Und für eine kurze Zeit, machen solche Dinge uns Menschen sicher auch zu einem gewissen Teil glücklich. Aber dann passiert etwas Merkwürdiges.

Schnell beginnst du dir auszumalen, was du als nächstes haben oder tun willst. Ein noch besseres Auto? Eine noch längere und abenteuerlichere Reise? Mein Partner/Meine Partnerin ist doch nicht so perfekt, wie ich anfangs geglaubt habe. Gibt es vielleicht jemanden, der besser passt?

Was du bereits hast, ist schnell gar nicht mehr so besonders. Es muss doch noch besser gehen.

Stets schielst du auf eine bessere Zukunft, die mehr Wert ist als die Gegenwart. Und selbstverständlich wärst du dann – und nur dann – endlich glücklich und alles würde perfekt sein.

Falsch!

Hier liegt die Krux. Diese glückliche Zukunft wird es nicht geben. Denn dann beginnt der „es muss doch noch besser gehen“- Zyklus wieder von vorn.

Dieses Phänomen nennt sich hedonistische Tretmühle.

Die hedonistische Tretmühle

Am einfachsten lässt sich die hedonistische Tretmühle als Gewöhnungseffekt an externe Dinge oder Ereignisse beschreiben. Wir kehren schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit immer wieder zu einem – nennen wir es – „Basisniveau“ des Glücks zurück. Und weil wir ganz schnell wieder genauso glücklich sind wie vor dem Ereignis, jagen wir dem nächsten großen Ziel hinterher.

So weit, so frustrierend.

Im Zusammenhang mit der hedonistischen Tretmühle will ich auf eine Studie aus dem Jahr 1978 hinweisen.

Damals wurde das Glücksempfinden von Gewinnern in der Lotterie und Unfallopfern über einen gewissen Zeitraum hinweg miteinander verglichen. Das Ergebnis war erstaunlich.

Nach einem Jahr bewerteten die Lottogewinner viele Dinge des Alltags weniger positiv als zuvor. Sie machten sie nicht mehr so glücklich. Unfallopfer hingegen stuften ihr Glücksempfinden im Alltag positiver ein. Anders ausgedrückt: Lottogewinner waren wieder genauso glücklich wie vorher. Sie hatten sich an ihre Situation gewöhnt. Das galt jedoch auch für die Unfallopfer.

Bewusstheit im Buddhismus

Diese Erkenntnis hat es in sich, oder?

Da malst du dir jahrelang aus, was du als Millionär alles kaufen könntest – wie perfekt das Leben wäre – und dann bist du auch nicht glücklicher als jemand, der einen schweren Unfall hatte, dadurch vielleicht sogar im Rollstuhl sitzt oder ähnliches.

Die Studie macht damit allerdings auch einen sehr positiven Effekt deutlich. Wir Menschen lernen auch sehr schnell mit negativen Dingen umzugehen. Wir gewöhnen uns an sie und bleiben nicht dauerhaft unglücklich. Und so negativ manche Auswirkungen der hedonistischen Tretmühle vielleicht empfunden werden können, so sorgt sie doch auch für den Fortschritt der Menschheit, weil wir nie zufrieden mit dem sind, was wir haben.

Auf der anderen Seite sorgt die Tretmühle dafür, dass du schnell mehr brauchst, um dich glücklich zu fühlen. Eine reizvollere Beziehung, eine dicke Gehaltserhöhung, ein größeres Abenteuer.

„Selbst wenn du den Mond erreichst. Du bist der Gleiche geblieben! Du wirst auf dem Mond stehen, mit dem gleichen Schrott im Kopf! Es wird überhaupt keinen Unterschied machen!“

Osho

Es gibt Wege, die hedonistische Tretmühle auszutricksen. „Die Zukunft ist ein Trick, um die Gegenwart aufzuschieben.“ (ebenfalls von Osho). Es gilt also eine Möglichkeit zu finden, damit wir mit unseren Gedanken nicht permanent in der Zukunft mit der vermeintlich besseren Version von uns verharren.

Und diese Möglichkeit nennt sich schlicht Bewusstheit.

Klingt einfach, oder? Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht.

Das Problem bist du selbst (oder was du für dich selbst hältst)

Bevor du dich der Lösung nähern kannst, möchte ich dir zeigen, dass das Problem viel tiefer sitzt.

Bewusstheit gegen Ego

Das geht am besten, wenn wir den Weg der Zeitmaschine in die entgegengesetzte Richtung betrachten. Du bist nämlich auch ständig in der Vergangenheit.

Der letzte Urlaub, der letzte Streit, der letzte Sex, der letzte Unfall und so weiter.

Ständig erlebst du solche Dinge wieder und wieder. Dein Kopf lässt dich mit solchen Dingen nicht in Ruhe. Es ist wie ein Film, der immer und immer wieder abgespielt wird.

Die Stimme deiner Gedanken schildert dir immer wieder sämtliche Details. Und du wärst nicht du, wenn sie nicht gleich auch ein paar Tipps parat hätte, wie du die Situation hättest besser meistern können. Obwohl die Geschichte bereits vorbei ist, hältst du noch lange danach fest daran. Schlimmstenfalls bedeutet das ein Festhalten an Emotionen wie Ärger, Angst und Wut.

Ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass diese Stimme, die du da hörst, gar nicht du selbst bist? Also nicht das, was man gemeinhin als „Ich“ bezeichnet?

Das Ego (lat. für „Ich“) ist schon lange Gegenstand philosophischer Überlegungen.

Wir Menschen identifizieren uns sehr mit unseren Gedanken – freiwillig oder nicht. Wir glauben, dass wir selbst es wären, die da zu uns sprechen. Und folglich sind die daraus folgenden Emotionen auch unser Charakter.

Wir meinen es nur gut mit uns selbst.

Aber du bist nicht der Denker in deinem Kopf. Diese Stimme, diese permanent anweisungsgebende, nur gut mit uns meinende Stimme ist Teil des Egos. Gedanken kommen aus unserem Unterbewusstsein und das wiederum ist geprägt durch jahrzehntelange Konditionierung, sprich unsere Erziehung.

Lass dich mal auf diesen Gedanken ein!

Und ich verspreche dir, dass diese Erkenntnis dein Leben verändern kann.

Das Ego

Über dieses Thema wurden unzählige Bücher geschrieben. Damit allein ließen sich mehrere  Blogs füllen. Deswegen hier nur ein kleiner Exkurs, warum es wichtig ist, um die metaphorische Zeitmaschine in unseren Köpfen zu verstehen.

Mangelnde Bewusstheit - Ego und seine Folgen
Ein starkes Ego bedeutet mangelnde Bewusstheit

Eckhart Tolle beschreibt das Ego in seinem Buch (Eine neue Erde) als die Identifikation mit der Form, wobei hauptsächlich Formen im Sinne von Gegenständen, Gedanken und Gefühlen gemeint sind. Das macht sich beispielsweise darin bemerkbar, dass du Gegenstände oder auch Menschen liebst, hasst oder ihnen anderweitig eine starke Bedeutung gibst.

Wir empfinden den Denker in unserem Kopf häufig als einzige Wahrheit und jedes Hinterfragen dieser Stimme oder gar ihr entgegengesetztes Handeln wird zu einem Akt gegen die eigenen Prinzipien. So scheint es zumindest.

Osho bezeichnet das Ego schlicht als Abwesenheit von Bewusstheit. Das trifft es meiner Meinung ziemlich gut. Bewusstheit und Ego schließen sich gegenseitig aus.

Wenn die Stimme in unserem Kopf aber nicht wir selbst sind, wer oder was sind wir denn dann?

Die Antwort ist eigentlich offensichtlich, aber schwierig zu formulieren.

Du bist das Bewusstsein, das dieses Denken als „Denken“ erkennen kann. Du bist das, was dieses Denken beobachtet.

Vergleiche es beispielsweise mit einem Traum. Solange du nicht weißt, dass du träumst, hältst du das Geschehen für die Realität. Das macht u. a. Alpträume so furchtbar, weil es für uns in diesem Augenblick die Realität darstellt. Sobald du dir des Traumes aber bewusst wirst – luzides Träumen – erkennst du, dass die über diesen Dingen im Traum stehst und sie beeinflussen kannst.

Oder anders gesagt: Wenn wir eins mit unseren Gedanken wären, könnten wir nicht erkennen, dass wir denken. Das, was wir sind, muss demnach größer sein, als der Denker, der uns den ganzen Tag ungewollt Ratschläge gibt.

Der Denker ist nur ein Teil des Egos. Kultur, Erziehung, Freunde und deine Umgebung prägen den Inhalt dieses Egos. Und wenn man genau hinschaut, ist dieses Ego wirklich kein guter Ratgeber. Einige sehr negative Dinge in unserer Welt lassen sich auf ein stark ausgeprägtes Ego zurückführen, wie z. B.:

  • Festhalten an materiellen Besitz und der Drang nach immer mehr,
  • unnachgiebiges Streben nach Anerkennung,
  • falsche Beziehungen, basierend auf emotionaler Abhängigkeit, anstatt auf Zuneigung,
  • vollständige Identifikation mit Berufen oder Rollen (z. B. Helikoptereltern),
  • konditionierte Feindbilder oder gar noch absurdere Dinge wie „Erbfeindschaften“.

Jedoch ist das Ego auch etwas Menschliches. Bekämpfen brauchst du es nicht. Es gehört zu dir, wie zu jedem anderen Menschen auch. Es ist im Grunde genommen ein Denkschema – mehr nicht.

Und das ist auch schon die wichtigste Erkenntnis. Das Ego ist ein Gedankenkonstrukt in unseren Köpfen und somit nur ein kleiner Teil von uns. Sobald du dir dessen bewusst bist – und es dir auch immer wieder bewusst machst – verliert es an Macht.

Die Stimme in unserem Kopf muss nicht der Wahrheit entsprechen. Oftmals liegt sie katastrophal daneben. Die Stimme ist schon gar nicht die einzige Wahrheit.

Was hat das jetzt mit der Zeitmaschine zu tun?

Der „Denker“ in dir ist permanent präsent. Er erinnert dich zum Beispiel fortwährend an schöne und weniger schöne Dinge der Vergangenheit. Wenn du beleidigt wurdest und dich dann darüber ärgerst oder aber du von deinem Chef in den Himmel gelobt wurdest. Gut oder schlecht. Egal. Der Denker erzählt dir wieder und wieder die gleichen Geschichten.

Das ist nicht zwangsläufig schlecht, dadurch bleiben jedoch Gefühle wie Ärger, Wut, Verzweiflung oder auch Freude, Begeisterung und Stolz ständig aktiv. Unser Körper unterscheidet dabei nicht, ob z. B. Wut gerade durch eine in diesem Augenblick stattfindende reale Situation hervorgerufen wird oder durch eine Erinnerung in deinem Kopf.

Die Stimme erzählt dir immer wieder, wie sehr du gedemütigt oder verletzt wurdest. Du bist überall, jedoch nicht im Hier und Jetzt.

Das ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits treibt dich das Ego an. Es will dich besser für die Zukunft machen. Gleichzeitig verurteilt es dich für Fehler in der Vergangenheit.

Pilnitz - Statue im Schlossgarten

Auf der Strecke bleibt in jedem Fall die Gegenwart. Und wenn du genau überlegst, kommst du wahrscheinlich auch zu dem Schluss, dass die Gegenwart das einzige ist, was wirklich existiert.

Mehr Bewusstheit: Der Weg ins Hier und Jetzt

Okay, ich gebe es zu. Das war jetzt eine ganze Menge. Nun wird es Zeit, über eine Lösung für das Problem der Unbewusstheit zu sprechen.

Logisch, dass die Lösung des Problems der Unbewusstheit nur Bewusstheit lauten kann. Dahinter verbirgt sich vor allem die bewusste Wahrnehmung des gegenwärtigen Augenblicks.

Eine imaginäre Vorstellung einer besseren Version von dir in der Zukunft ist den Verlust deiner wirklichen Zeit auf Erden nicht wert. Tolle beschreibt es sinngemäß mit den Worten, dass uns erst im Angesicht des Todes die Idee von Eigentümerschaft oder die Wichtigkeit unserer Rollen, die wir im Leben einnehmen, als bedeutungslos erscheinen.

„Die letzte Wahrheit dessen, wer wir sind, lautet nicht ‚Ich bin dies‘ oder ‚Ich bin das‘, sondern: ‚Ich bin‘.“

Eckhart Tolle

Sollten wir dann nicht versuchen uns auf das zu konzentrieren, was wirklich von Bedeutung ist und das Potential hat uns nachhaltig glücklich zu machen?

Den ersten und wichtigsten Schritt, die nicht ständig in der Zukunft oder in der Vergangenheit zu leben, hast du bereits getan. Du weißt nun vom Denkmuster, das man Ego nennt oder auch von der hedonistischen Tretmühle. Allein sich diese Dinge bewusst zu sein, nimmt ihnen viel Macht.

Leider haben wir Menschen die Angewohnheit Dinge schnell wieder als gegeben hinzunehmen und sie wieder an das Unterbewusstsein abzugeben. Das bedeutet, du musst dir diese Erkenntnis immer wieder vor Augen führen, d. h. sie dir stets wieder bewusst machen.

Tust du das nicht, erkennst du die Mechanismen des Egos nicht mehr und den Tag verläuft wieder zum großen Teil auf Autopilot. Aktive Wahrnehmung sorgt hingegen dafür, dass wir unsere Identität nicht aus dem unablässigen Strom des Denkens beziehen (frei nach Tolle).

Kontinuierliche bewusste Wahrnehmung des Augenblicks macht die fortlaufende gedankliche Flucht in Vergangenheit und Zukunft überflüssig. Keine Simulation einer besseren Zukunft in unserem Kopf entschuldigt mehr das Vertun der Gegenwart. Dann dreht sich auch die hedonistische Tretmühle wesentlich langsamer.

Merke: Du musst nicht besser, nicht erfolgreicher, nicht attraktiver oder interessanter werden.

Das ist Bullshit!

Du bist weder dein Beruf, noch deine Klamotten, noch deine Reisen, dein Aussehen oder dein gesellschaftlicher Status – ja noch nicht mal deine Gedanken.

Du bist einfach! So wie alles um dich herum alles einfach ist. Und zwar jetzt. Nicht gestern, nicht morgen, sondern jetzt gerade in diesem Augenblick.

„Wenn du im Hier und Jetzt bist, wirst du überall Wunder erleben.“

Osho

Zugegeben, das ist nicht immer einfach. Der Versuch der ständigen Bewusstheit wäre eine Vollzeitbeschäftigung und wahrscheinlich auch nicht von Erfolg gekrönt. Aber es gibt Mittel und Wege, wie wir sie mehr in unseren Alltag integrieren können.

Bewusstheit durch Meditation

Bewusstheit durch Meditation

Richtig gelesen. Ich habe das M-Wort benutzt. Das hast du wahrscheinlich schon erwartet, oder?

Mir ist klar, dass Meditation nicht jedermanns Sache ist. Jedoch ist die positive Wirkung auf die Wahrnehmung unserer Gedanken und andere Effekte wie mehr innerliche Ruhe unumstritten.

Meditation ist sozusagen der Königsweg zu mehr Bewusstheit. Wenn du das als esoterischen Quatsch abstempelst, werde ich dich wohl nicht vom Gegenteil überzeugen können. Aber immerhin liest du noch, also liegt die Vermutung nahe, dass es andere Dinge sind, die dich bislang vom Meditieren abhalten. Vielleicht ist es einer der folgenden Dinge:

  1. Du hast keine Zeit zum Meditieren?
  2. Du kannst die nötige Disziplin nicht aufbringen?
  3. Du weißt nicht wie es geht oder wie du damit anfangen sollst?

Nichts davon ist wirklich ein Problem. Die ersten beiden Punkte resultieren meist aus einem falschen Bild, was wir über Meditation im Kopf haben. Du musst nicht stundenlang in absoluter Ruhe dasitzen und Mantras summen. Viel wichtiger als die Dauer, ist die Regelmäßigkeit. Und das vorwiegend, um Meditation als eine Gewohnheit in deinen Alltag zu etablieren.

Wenn du täglich morgens nach dem Aufstehen nur 5 Minuten dafür erübrigen kannst, kommst du einer bewussteren Wahrnehmung schnell schon ein ganzes Stück näher. Dauer und Intensität kannst du jederzeit ausbauen, wenn du dafür bereit bist. Gefühlt kommt dieser Wunsch sehr schnell von ganz allein.

Der dritte Punkt ist etwas, dass mich auch sehr lange vom Meditieren abgehalten hat. Anleitungen, Apps und Musik gibt es im Internet im Überfluss, dennoch wusste ich nie so recht, wie ich damit anfangen kann, ohne ständig das Gefühl zu haben, dass ich es falsch mache und es daher nichts bringt.

Ganz wichtig: Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Du musst weder hochkonzentriert sein, noch jeden Gedanken unterdrücken. Stell es dir eher so vor, dass du die Rolle des Beobachters deiner Gedanken einnimmst.

Ich habe mir zum Anfang folgende Praxis zu Eigen gemacht:

  • Ich trage bequeme Kleidung und setze mich auf ein dünnes Kissen auf dem Boden.
  • Für mich ist der Lotussitz die bequemste Haltung. Es gibt auch viele andere Haltungen, wie den Fersensitz. Du kannst auch auf einem Stuhl sitzen. Wichtig ist eine aufrechte Haltung, da du nicht Gefahr laufen willst einzuschlafen.
  • Meist verwende ich leise und ruhige Ambientmusik und einen Timer, der auf 15 Minuten gestellt ist.
  • Zu Beginn schließe ich meine Augen, atme dann mindestens zehn Mal langsam tief ein und aus und achte dabei ganz bewusst auf meine Atmung.
  • Anschließend mache ich einen Bodyscan, d. h. ich fühle in jedes Körperteil bewusst rein und nehme es wahr. Ich achte dabei darauf, wie es sich anfühlt und wo z. B. meine Berührungspunkte mit der Erde sind.
  • Nun beobachte ich jeden Gedanken, der mir in den Kopf kommt. Weder verdränge ich ihn, noch verfolge ich ihn. Ich nehme ihn wahr und lass ihn dann ziehen.
  • Wenn es zu unruhig in meinem Kopf wird, fange ich wieder damit an, langsam tief ein- und auszuatmen.
  • Manchmal ist es hilfreich sich eine Metapher für seine Gedanken zu suchen. So können sie Wolken sein, die nach kurzer Zeit davon ziehen oder Spuren im Sand am Strand, die mit jeder Welle des Meeres mehr verblassen.

Das aber nur zur Orientierung, wie ich mit dem Thema begonnen habe. Du findest im Internet weit detaillierte Beschreibungen und Hilfestellungen.

Wichtig ist, nicht zu ernst an das Thema ranzugehen. Sieh es folgendermaßen:

„Meditation muss wie ein Spiel sein, nicht zielorientiert. Du solltest nicht meditieren, um irgendwas zu erreichen. Man kann nicht meditieren, wenn man wegen einer bestimmten Sache meditiert. Meditation um der Meditation willen.“

Osho

Kleine Übungen zur Steigerung der Bewusstheit im Alltag

Es muss aber nicht gleich die große Meditationskeule sein (auch wenn dir dadurch wirklich ein Stück Lebensqualität entgehen kann). Wichtig ist, dass du immer wieder versuchst, deine Gedankenmuster zu durchschauen und dann auch im Augenblick verbleibst.

Beobachte bewusst deine Umgebung, während du im Park oder im Wald  spazieren gehst oder beispielsweise auf dem Weg zu Arbeit bist. Schau dir Fassaden, Bäume, Pflanzen und Vögel sehr genau an. Höre genau auf die Geräusche, die du in deinem Umfeld wahrnehmen kannst. Was für Geräusche kannst du erkennen und was löst sie aus? Wichtig ist hierbei, dass du nur beobachtest, vielleicht einordnest, aber nicht bewertest. Es geht dabei nicht um gut oder schlecht.

Bewusstheit im Alltag trainieren
Bewusstheit kann man bei jedem Spaziergang trainieren

Achte beim Gehen genau auf deinen Körper. An welcher Stelle berühren deine Füße den Boden? Wie schwingen deine Arme? Wie fühlt sich der Wind in deinem Gesicht an? Wie fühlt er sich allgemein auf deiner Haut an? Den so genannten Bodyscan kannst du auch immer und überall machen. Zum Beispiel in der Warteschlange an der Supermarktkasse

Ich hoffe, es wird klar, worauf ich hinaus will. Hör auf, ständig woanders hinzuschauen. Versuch nicht überall einen Sinn sehen zu wollen oder immer auf ein Ziel hinzuwirken. Versuch dir einfach den gegenwärtigen Augenblick stärker bewusst zu machen. Denn der ist das einzige, was jetzt gerade Wirklichkeit ist.

„Mir ist klar geworden, dass Vergangenheit und Zukunft reine Illusion sind; sie existieren nur in der Gegenwart, die alles ist und alles umfasst.“

Alan Watts

Die Zeitmaschine im Kopf wirst du nie wirklich loswerden. Das soll auch gar nicht das Ziel sein. Immerhin sind unsere Vorstellungen von der Person, die wir waren und die wir künftig sein möchten auch Antriebsfeder dafür, dass wir uns entwickeln. Aber die Bewusstheit für den Augenblick ist der Schlüssel zu einem erfüllteren Leben und damit zu einer erhöhten Lebensqualität.

Diese Bewusstheit ermöglicht uns tiefere Bindungen zu uns selbst und unserer Umwelt zu erschaffen. Bewusstheit gibt uns ein Gefühl dafür, was das Leben ausmacht und es entlarvt viele vermeintlich unverzichtbare Dinge als belanglose Nichtigkeiten.

Bewusstheit sorgt aber vor allem dafür, dass wir negative Gefühle in unserem Alltag abbauen. Politik, gesellschaftliches Ansehen, Stolz, Materialismus und so weiter. Das alles verliert mehr und mehr an Bedeutung, wenn wir erkennen, wie wenig es wirklich mit uns und unserem innersten in genau diesem Augenblick zu tun hat.Das ist ein fortwährender Prozess und bedeutet natürlich auch viel Arbeit. Aber der Weg lohnt sich wie kaum ein anderer, selbst wenn du ihn nur ein Stück weit gehst.

Noch etwas zum Nachdenken am Schluss: Was uns meist so unendlich schwer fällt, ist für die Jüngsten ein leichtes Unterfangen. Eigentlich geht es darum eine Fähigkeit wiederzuerlangen, die wir alle schon mal hatten. Ein kleines Kind beobachtet und nimmt einfach nur wahr. Es entdeckt die Welt mit Neugier und alles ist ein Abenteuer. Es denkt nicht alles kaputt und es bewertet erst Recht nicht. Leider geht uns das im Laufe des Lebens verloren.

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