„Hey!“
Nur ein knapper Gruß. Ich drehe mich um und schaue in tief betrübte Augen.
Vor einigen Tagen habe ich einen alten Bekannten getroffen. Er erzählte mir, dass seine Partnerin ihn nach zehn Jahren verlassen hat. Offensichtlich hat er sehr damit zu kämpfen.
Sein leerer, trauriger Blick erinnerte mich an mich selbst vor vielen Jahren . . .
Oh Mann! Was war das für eine ekelhafte Zeit.
Zurück zu Hause krame ich einen alten Brief heraus. Dort steht:
„Unser ganzes Leben wollten wir zusammen bleiben und du wolltest immer für mich da sein, wie ich immer für dich da sein wollte. Gekommen ist es anders . . .“
Mein vergangenes Ich
Diese Zeilen sind mittlerweile fast neun Jahre alt. Meine Partnerin hatte sich gerade nach mehr als acht gemeinsamen Jahren von mir getrennt und ließ mich in meiner Verzweiflung zurück.
Das mag wie ein Vorwurf klingen, ist jedoch keiner.
Manche Prozesse brauchen Jahre
Es ist eine Beschreibung dessen, was ich damals empfunden habe.
Vor einigen Jahren hätte ich diesen Artikel noch nicht schreiben können. Dass ich es heute noch kann, liegt mitunter daran, dass ich diese Trennung vollends verarbeitet habe und mir darüber hinaus viele physische Zeugnisse aus dieser Zeit bewahrt habe.
Dinge wie E-Mails, Briefe, Fotos und Tagebücher. Heute kann ich sie mir ganz ohne negative Emotionen ansehen. Das war ein weiter Weg.
Ein Experte für Beziehungen bin ich nicht. Im Verarbeiten von Trennungen habe ich jedoch einiges an Erfahrung.
Die Zeit damals war intensiv. Ja, sie war so intensiv, dass ich sie noch heute als die wahrscheinlich schwerste Zeit in meinem Leben bezeichne. Diese Zeit hat mich gezwungen, mich mit mir, meinen Gefühlen und meinem ganzen Leben in der Tiefe auseinanderzusetzen.
Heute zurückblickend kann ich genau sagen, was nicht gut war und was mir wirklich geholfen hat, diese Trennung zu verkraften.
Mit Sicherheit liegt ein Wert in diesen Erfahrungen. Dieses Wissen möchte ich dir weitergeben.
Das langfristige Ziel sollte es sein, dass du das Ende der Beziehung nicht nur überstehst, sondern dass du stärker daraus hervorgehst.
Denn das liegt nur an dir. Du hast es in der Hand.
Hier werde ich jedoch auch versuchen, dir Wege zu zeigen, wie du jetzt sofort mit der Situation umgehen kannst. Wenn du ähnlich wie ich gestrickt bist, dann bringt dich die Trennung gerade an deine Grenzen. In dem Fall solltest du unbedingt weiterlesen.
Meine Geschichte
Was weiß ich schon, wie du dich fühlst?
Das ist eine berechtigte Frage. Wahrscheinlich fühlt es sich für dich an, als würdest du leiden, wie kein Zweiter. Und wahrscheinlich weißt du in deinem Inneren auch, dass das so nicht stimmt.
Viele Menschen stehen mindestens einmal im Leben vor der gleichen Herausforderung.
Wenn du jedoch wie ich hochsensibel bist, wirst du diese Zeit mit einer Intensität empfinden, die ähnliche Erfahrungen innerhalb deines Bekanntenkreises übersteigen.
„Ich wollte nie etwas haben, dessen Verlust ich nicht ertragen könnte.“
Casper
Auf einmal ist nichts mehr so wie es war
Außenstehende beschrieben unsere Beziehung einmal mit den Worten, dass wir uns wie die Erde um die Sonne gedreht haben.
Streit gab es bei uns nie wirklich. Wir lebten viele Jahre zusammen in einem Haushalt und waren uns gefühlt vom Charakter sehr ähnlich.
Natürlich wäre es nicht zur Trennung gekommen, wenn da nicht auch Probleme gewesen wären. Und dennoch hat es mich völlig unerwartet getroffen und komplett überrollt. Meine Welt lag innerhalb weniger Momente in Scherben.
Da war nur noch Schmerz, Traurigkeit und Verzweiflung. Es war so schlimm, dass es auch physisch richtig wehgetan hat. Vom ersten Tag an wollte ich nur noch, dass dieses unsagbar schlechte Gefühl aufhört.
Alles andere wurde nebensächlich. Das hat sich angefühlt, als wäre mit der Trennung alles in meinem Leben sinnlos geworden. All die Dinge, die vorher schön und interessant waren, waren plötzlich nur noch Dinge – bedeutungslose Dinge.
Nichts sah aus wie vorher und nichts hatte mehr denselben Wert. Worte können das nur schwer beschreiben. Wahrscheinlich weißt du, was ich mein.
Nur den Tag überstehen
Vor der Trennung, hielt ich mich für einen starken und gefestigten Charakter. Über alles konnte ich diskutieren und wer mich von einer gegenteiligen Position überzeugen wollte, hatte argumentativ wirklich was aufzufahren. Ich betrachtete mich selbst als unabhängig und jeder Situation gewachsen.
Nach der Trennung jedoch hab ich kaum auch nur eine Stunde überstanden, ohne Tränen in den Augen zu haben. Ich fühlte mich gebrochen, erschöpft, ausgelaugt.
Allein wenn mir Worte wie „Liebe“, „Zuneigung“, „Beziehung“, „Nähe“ in den Sinn kamen, war mir im Kopf als wäre da ein kreischendes verzerrtes Geräusch, welches diese Gedanken sofort beendete.
Jeder Tag war ein Kampf. Fortwährend war da ein schwermütiges Gefühl, welches ich am liebsten aus meinem Körper gelassen hätte. Gleich pechschwarzem Teer, der mich von innen heraus vergiftete.
Selbst wenn es tagsüber einigermaßen ging, kamen am Abend mit Sicherheit die schrecklichen Gedanken und Gefühle zurück.
Ja vor dem Abend und vor der Nacht hatte ich sogar am meisten Angst.
Und dann diese Alpträume
Schlafen war vor allem in den ersten Wochen kaum möglich. Mehr als ein bis zwei Stunden pro Nacht schaffte ich nicht. Nur die Erschöpfung forderte nach Tagen immer ihren Tribut.
Unser Unterbewusstsein lässt uns auch im Schlaf nicht zur Ruhe kommen.
Von der ersten Nacht an hatte ich Alpträume. Und wie grausam wir uns selbst in unseren Träumen mitspielen können, war mit bis dahin nicht bewusst.
Noch sechs Monate nach der Trennung hatte ich Nächte wie die folgende:
„Und immer wieder diese Träume. Erst letzte Nacht habe ich geträumt, dass uns unsere Wege schon kurz nach der Trennung wieder zusammengeführt hätten. Für ein paar Sekunde fühlte ich mich wieder glücklich und schwor mir, dieses Mal alles besser zu machen. Die Liebe in meinem Leben nicht noch einmal zu verlieren. Dann plötzlich war ich wach.“
Mein vergangenes Ich
In your face! Wie ich mich nach dem Erwachen gefühlt habe, kannst du dir vielleicht vorstellen.
Ich war da und gleichzeitig auch nicht
Jeden Tag kamen Erinnerungen im mir hoch, die ich viele Jahre nicht mehr im Kopf hatte.
Warum jetzt auf einmal?
Plötzlich sah ich viele kleine Details, die ich bereits vergessen glaubte. Bilder glücklicher gemeinsamer Momente, die mich auf einmal verhöhnten und nur noch schmerzhaft waren.
Je mehr ich mich dagegen wehrte desto mehr Erinnerungen stiegen in mir auf.
Mein Selbstvertrauen war komplett am Boden.
Die Schuld für das, was passierte, sah ich nur bei mir. Nicht nur meine Beziehung war gescheitert. Ich glaubte als Mensch selbst gescheitert zu sein.
So redete ich mir ein, dass ich alles falsch gemacht hatte, was ich nur falsch machen konnte. Nichts was ich bis Dato über mich selbst wusste, war noch gültig. Die zwanghafte Suche nach einem neuen Sinn im Leben war aussichtslos.
Das war schon fast devot bis erbärmlich, wenn ich jetzt darüber nachdenke. Da ich mir allein die Schuld gab, war alles, was ich tat verkehrt. Ich wollte mich ändern, und zwar in allen Bereichen meines Lebens. Da das weder in kurzer Zeit möglich geschweige denn sinnvoll war, fühlte ich mich von Tag zu Tag nur noch schlechter.
Das Leben war scheiße. Eines Tages begann ich mich zu fragen, ob ich es noch wollte.
Schlussendlich war da eine Sackgasse
Nie vorher hatte ich ernsthafte suizidale Gedanken. Und mit über 30 Jahren brauchte ich auch wirklich keine Aufmerksamkeit in dieser Richtung. Deswegen habe ich nie darüber gesprochen.
Aber ja, solche Überlegungen gab es. Nicht sofort und auch nicht ausgeprägt. Es wäre jedoch naiv zu glauben, dass diese Gedanken in solchen Situationen nicht kommen würden.
Und auch wenn mir die Konsequenzen dieser Gedanken von Tag zu Tag gleichgültiger wurden, glaube ich nicht, dass ich diesen Schritt jemals ernsthaft erwogen hatte.
„Vor mir ist alles dunkel. Da ist einfach kein Licht mehr. Aber ich brauche Licht. Ganz dringend.“
Mein vergangenes Ich
Heute erzählen mir meine Tagebuchaufzeichnungen Gedanken von einem Menschen, den es nicht mehr gibt. Er ist wirklich gestorben, wenn auch anders als erwartet.
Wie weit diese Überlegungen gingen, möchte ich gar nicht thematisieren. Es spielt keine Rolle mehr. Du kannst sicher verstehen, dass diese Zeit eine einzige Tortur für mich war und ich sie deshalb lange verdrängt habe.
Kaum Fortschritte
Immer, wenn ich glaubte, dass das Schlimmste überstanden wäre, ich ernsthafte Fortschritte erzielen würde, passierte etwas, das mich wieder zurückwarf. Die Grenze des Erträglichen war lange erreicht.
Nach Monaten hatte ich noch immer mit mir zu kämpfen. Freunde und Familie waren anfangs sichtlich um mich bemüht, jedoch stellte sich auch bei ihnen nach einiger Zeit ein von Unverständnis begleiteter Unterton ein. Wieso könne ich noch immer nicht mit dem Geschehenen umgehen?
Verübelt habe ich das niemanden. Sie konnten ja nicht fühlen, was in mir vorging. Wenn überhaupt war ich nur auf eine Person wütend – auf mich selbst.
Ich beneidete die Menschen, die schnell mit einem wichtigen Teil ihres Lebens abschließen konnten. Mir war das ein Rätsel. Und mittlerweile weiß ich, dass das bei Hochsensiblen auch nicht ungewöhnlich ist.
Warum erzähle ich dir das alles? Egal wie schlecht du dich gerade fühlst und wie sehr du glaubst, keiner könne das verstehen, sei dir sicher, dass ich es kann. Wahrscheinlich können das viele Menschen.
Genug von meiner Geschichte.
Lass uns in die Gegenwart springen und schauen, wie du mit der Situation umgehen kannst.
Das Beziehungsende verstehen lernen
Lass mich dir eine Frage stellen. Wie stehst du zu dem Ende deiner Beziehung?
- Bist du an allem schuld?
- Oder wünschst du der Hexe/dem Penner den Ausschlag dahin, wo es richtig stört?
Beides ist Ausdruck deines Egos und kein guter Weg das Erlebte zu verarbeiten.
Gleich was auch passiert ist, weder bist du der Sündenbock, noch ist dein Ex-Partner/deine Ex-Partnerin ein herzloses, bösartiges Wesen. Die Gründe für Trennungen sind oft weit komplexer.
Am logischsten erscheint mir, dass sich Menschen in unterschiedliche Richtung entwickeln und ihre gegenseitigen Erwartungen nicht mehr erfüllen können. Erwartungen sind eigentlich das schlimmste, was du deiner Beziehung antun kannst.
Wichtig ist, Ursache und Wirkung zu unterscheiden. Hat dein Partner z. B. was Neues gefunden? Hat er oder sie dich sogar bereits eine Zeit lang vor der Trennung betrogen?
Dann war natürlich schon lange zuvor was nicht in Ordnung. Die Affäre ist eine Konsequenz daraus, nicht die Ursache.
Warum nicht beide gleichermaßen unter der Trennung leiden
Gift für jede Beziehung ist es, wenn diese auf Abhängigkeiten basiert. Dabei gibt es verschiedene Formen:
- Materielle, d. h. finanzielle Abhängigkeit: Diese ist heutzutage zum Glück nicht mehr so häufig verbreitet.
In Zeiten, wo Frauen vorwiegend im Haushalt tätig waren und Männer hauptsächlich für das Einkommen gesorgt haben, war das noch ein größeres Problem. - Emotionale Abhängigkeit: Etwas, das wir häufig mit „Einer liebt den anderen mehr als der andere“ umschreiben.
Die zweite Form der Abhängigkeit halte ich für weit gefährlicher, da sie unbewusster ist. Hier herrscht ein Ungleichgewicht bei den Gefühlen beider Partner zueinander. Das führt zu Spannungen, die sich in Unverständnis, Klammern oder krankhafter Eifersucht äußern.
Abhängigkeiten sind selbstredend kein Ausdruck echter Liebe.
Weißt du, was hingegen wirklich ein Ausdruck echter Liebe wäre?
Wenn du und dein Partner/deine Partnerin jederzeit sofort wieder ihr eigenes Leben ohne den anderen führen könnten. Das würde bedeuten, dass ihr zusammen seid, weil ihr es wirklich wollt. Nicht weil ihr „nicht ohne einander könnt“.
Denk mal darüber nach.
In meinem Fall gab es definitiv eine emotionale Abhängigkeit zu meiner Partnerin und ich konnte deshalb nicht verstehen, wieso sie uns aufgegeben hat. Das bedeutet nicht, dass ich sie nicht geliebt habe oder sie mich nicht geliebt hat. Jedoch war mein Bild unserer Gefühle zueinander verzerrt.
Keine Möglichkeit dich vorzubereiten
Fragst du dich, warum deine Ex/dein Ex nicht so unter der Trennung leidet wie du? Vielleicht ist sogar das Gegenteil der Fall. Wirkt er oder sie regelrecht befreit und turtelt glücklich in einer neuen Beziehung durch die Gegend?
Die Antwort ist so einfach, dass wir sie allein deswegen oft übersehen.
Dein Partner hat dich sicher nicht in einer kleinhirnbedingten Kurzschlussreaktion verlassen. Nein! Der Gedanke beschäftigt sie oder ihn schon länger. Du hast es nur nicht bemerkt oder wolltest es nicht wahrhaben.
Wenn du derjenige bist, der verlassen wurde, hat sich dein Ex-Partner wahrscheinlich schon lange mit der Möglichkeit einer Trennung auseinandergesetzt und sich an den Gedanken gewöhnt. Das Ende eurer Beziehung hat er oder sie im Kopf schon oft unzählige Male simuliert.
Vorbereitungszeit, die du nicht hattest. Genau das trifft dich jetzt wie ein Hammer.
Du hattest eindeutig einen Informationsnachteil.
Vorbei ist vorbei – ziehe einen Schlussstrich!
Ich könnte dir jetzt sagen, dass wenn du deinen Partner wirklich liebst, du besser loslässt. Und wahrscheinlich ist es das Letzte, was du jetzt lesen möchtest.
Nur solltest du dir auch im Klaren darüber sein, dass diese Entscheidung gar nicht mehr in deiner Macht steht. Die Vorstellung einer weiteren Chance und wie diese aussehen könnte, entspringt einzig und allein deinem Wunschdenken.
Und ganz ehrlich? Es könnte nie wieder so sein, wie es vor der Trennung war, denn die würde fortan immer zwischen euch stehen.
Um eine tote Beziehung zu kämpfen, verhindert nur, dass du dich entwickeln kannst. Auch wenn das momentan noch wenig Sinn für dich ergibt, so hält dich dieses Anhaften davon ab, Schritte in die richtige Richtung zu gehen.
Folgendes Zitat eines Artikels auf mymonk.de trifft den Nagel auf den Kopf. Der Blog ist im Übrigen großartig.
„Wer sich jedoch in das Licht eines anderen stellt, strahlt nicht von allein, sondern wirft letztlich nur Schatten.“
mymonk.de – Lena Schulte
Loslassen ist die einzige richtige Konsequenz. Je eher du das verinnerlicht hast desto eher kannst du ehrlich wieder nach vorne blicken.
Und ja, ich weiß, Heilung braucht Zeit. Auch wenn es klischeehaft klingen mag: Eine verletzte Seele ist nun mal kein gebrochener Knochen.
Was du jetzt tun kannst, um die Trennung verkraften zu können
Versteh mich bitte nicht falsch. Nimm dir wirklich die Zeit, die du brauchst und lass dir nichts anderes einreden. Es geht nicht um Schnelligkeit. Wichtiger ist, diese Sache vernünftig zu verarbeiten statt sie lediglich zu verdrängen.
Wahrscheinlich war dir das auch schon vorher klar.
Da du auf diesen Artikel geklickt hast, erwartest du sicherlich eine konkretere Hilfestellung. Etwas, dass dir heute – jetzt – hilft.
Wie erwähnt, war es in den ersten Wochen der Trennung schon schwer für mich, auch nur den Tag zu überstehen. Ich hatte Angst vor der Nacht und vor dem nächsten Tag.
Schließlich habe ich mir Routinen angeeignet, die mir geholfen haben. Manche sind noch heute fester Bestandteil in meinem Alltag.
7 Dinge, die dir durch den Tag helfen werden
In der Anfangszeit ist es wichtig, stabil zu bleiben und sich selbst wiederzufinden. Lass die Zukunft erst mal Zukunft sein. Ziel sollte jetzt nur sein, kontinuierlich kleine Fortschritte zu erzielen. Und das passiert auf jeden Fall, wenn du durchhältst.
1. Strukturiere deinen Tag
Das ist etwas, was mir aus jener Zeit bis heute erhalten geblieben ist. Ich nehme mir jede Woche kurz Zeit, und schreibe einen kurzen Plan für die nächste Woche auf. Wirklich nur ganz simpel nach dem folgenden Muster:
Wochentag: | Geplante Tätigkeiten |
Diese Tätigkeiten können Hausarbeiten, Termine, Treffen mit Familie und Freunden, Hobbies usw. sein.
Dabei bekommen die Tage bei mir fast immer eine ähnliche Struktur. Zuerst kommen die Zeitfenster für wichtige Dinge wie Arbeit und dringende Termine. Dann folgen die Tätigkeiten, die meinem Seelenleben dienlich sind.
Damals war das wichtig für mich, um weiter als ein paar Stunden in die Zukunft planen zu können. Doch auch heute noch hilft mir das, um meinen Tagen Struktur zu verleihen und nichts zu vergessen. Na ja, sagen wir fast nichts.
Allgemein habe ich mir seit jener Zeit viele Listen angewöhnt, die mir helfen. Beispiele dafür wären u. a.:
- Haushaltsbücher
- Urlaubslisten
- Listen mit Gerichten, die du kochen möchtest
- Einkaufslisten zum Abhaken
- Vorsätze, usw.
2. Unternimm lange Spaziergänge
Zerstreuung findest du am besten, wenn du raus gehst. Nicht nur fünf Minuten zum nächsten Supermarkt.
Nein. Richtig raus für mehrere Stunden.
Das Wetter hat mich damals keineswegs interessiert. Jeden Tag bin ich mindestens zwei Stunden spazieren gewesen. Und das in einer Großstadt. Das war täglich ein fester Termin und hat mir meine Situation zumindest in diesen Stunden erträglicher gemacht.
3. Schreibe Tagebuch
Diesen Tipp solltest du auf keinen Fall überspringen. Das war eigentlich das, was mir am meisten geholfen hat.
Oft hatte ich solche Tipps gelesen. Wenn ich jedoch ehrlich bin, hatte ich ihnen nie geglaubt. Ich hab mich geirrt.
Immer dann, wenn es in meinem Kopf zu laut wurde, meine Gedanken mich zu überwältigen drohten, fing ich an, mir diese Gedanken aus dem Kopf zu schreiben. Dabei habe ich mir vorgestellt, wie es sein wird, in ein paar Jahren die entstanden Zeilen zu lesen.
Heute weiß ich es. Und ganz ehrlich? Ich bin wirklich froh, dass ich das damals gemacht habe.
4. Schaffe dir ein Abendritual
Wie bereits erwähnt, waren der Abend und die Nacht am schlimmsten. Die ersten Nächte war an Schlaf gar nicht zu denken. Im Laufe der Zeit habe ich mir allerdings ein kleines Ritual vor dem Schlafengehen angewöhnt.
Jeden Abend habe ich dasselbe, positive gestimmte Lied angehört, dazu ein paar Fitnessübungen gemacht und mich dann hingelegt. Während dieses Lied lief, habe ich mir selbst das Versprechen gegeben, dass ich die Krise überstehen werde. Ziel war es zudem meinem Körper zu signalisieren, dass es jetzt an der Zeit ist, zu schlafen.
5. Verzichte auf Alkohol
Es hat mehrere Monate gedauert, bevor ich Alkohol überhaupt wieder angefasst habe. Und ich kann dir das auch nur ans Herz legen. Wenn es dir auch nur ein bisschen wie mir damals geht, ist alkoholbedingte Unzurechnungsfähigkeit das Letzte, was du jetzt brauchen kannst.
Ein Rausch kann dir zwar beim Einschlafen helfen, jedoch versichere ich dir, du wirst dich beim Aufwachen umso schlechter fühlen. Das habe ich ein einziges Mal direkt nach der Trennung getan – und das war mir eine Lehre.
6. Austausch mit anderen
Freunde, Familie, Arbeitskollegen . . . Wahrscheinlich wirst du mit den meisten bereits darüber gesprochen haben, was passiert ist. Das ist nicht, was ich meine.
Was ich meine, ist ein Austausch mit Leuten, die dir nicht so nahe stehen oder sogar mit fremden Menschen. Menschen mit denen du nicht über deine gescheiterte Beziehung zu reden brauchst, weil sie dich kaum kennen.
Bei mir war das damals in verschiedenen Chatgruppen, um Leute kennenzulernen. Immer wenn da jemand war, mit dem ich mich über Dinge wie Musik, Konzerte oder Reisen austauschen konnte, ging es mir deutlich besser.
Ab und an konnte das sogar regelrecht für ein kleines Stimmungshoch sorgen – zumindest gemessen an meinen damaligen Gemütszustand.
7. Fang an neue Dinge zu probieren
Natürlich eignet sich dieser Tipp nicht nur kurzfristig.
Was ich nicht alles probiert habe. Sachen wie der Eintritt in einen historischen Verein aus Frankreich, Kochkurse, politische Tagungen, allein auf Festivals oder Stadtfeste gehen und so weiter.
Setz deiner Fantasy dabei keine Grenzen. Kurzfristig geht es natürlich darum, dich abzulenken. Langfristig kannst du jedoch nie wissen, welche Tür du damit aufstößt.
Auch wenn nicht alles bei dir Anklang finden wird und du einiges wieder aufgibst. Das ist egal. Finde heraus, welche Facetten du an dir noch gar nicht kennst.
Fehler die du vermeiden solltest
Zu den ganzen Dos möchte ich dich auch auf zwei Don’ts hinweisen. Das sind Dinge, die nicht nur nicht hilfreich sind, sondern den Genesungsprozess behindern. Und das nicht nur kurzfristig.
Damals hab ich das anders gesehen, jedoch ist es heute für mich nur logisch, die folgenden Punkte lieber auszusparen.
1. Unbedingt Teil ihres Lebens/seines Lebens bleiben wollen
Es ist unmöglich einen Abschluss zu finden, wenn du deinen Ex-Partner bereits jetzt zu einem wichtigen Teil deines künftigen Lebens erklären möchtest. Das funktioniert eh nicht, denn wahrscheinlich möchte der oder die Ex das selbst nicht. Zumindest nicht in dem Maße, wie du dir das jetzt wahrscheinlich vorstellst.
Selbst eine Freundschaft ist unter diesen Voraussetzungen nur schwer bis gar nicht möglich. Es würde für euch beide höchst unangenehm sein. Das geht schon damit los, dass etwaige neue Partner damit ein Problem haben werden.
Ich weiß, das ist hart und tut vielleicht weh. Alles andere ist jedoch nur mit noch größeren Schmerzen verbunden.
Gleiches gilt für ständige Kontaktaufnahme mittels E-Mails, Briefe, Anrufe, whatever. Egal was du zu sagen hast. Nicht jeder Gedanke muss auch wirklich ausgesprochen werden.
Lass ab davon.
Auch wenn es jetzt schwerfällt. Später wirst du dankbar sein, diesen Weg gewählt zu haben.
Wenn ich heute meine alten Aufzeichnungen lese, sehe ich immer wieder den Wunsch, meine Ex-Freundin doch wenigstens als Kumpeline in meinem Leben zu halten.
Das wirkt unglaublich mitleiderregend. Null Selbstvertrauen. Zuweilen wirkte es sogar ein bisschen erbärmlich.
Merke: Wenn du etwas erzwingen willst, wirst du es eher abstoßen als anziehen.
Natürlich hat eine Freundschaft damals auch bei mir nicht funktioniert. Erst viele Jahre später, davon ausgehend, wir würden uns nie wiedersehen (und diesen Gedanken vollends akzeptierend), konnten wir so etwas wie einen freundschaftlichen Umgang miteinander pflegen.
2. Zu früh etwas Neues beginnen
Wie lange es dauert, bis du bereit für etwas Neues bist, hängt nur von dir, d. h. deiner Beschaffenheit, ab. Ich brauchte dafür Jahre, andere Monate und wieder andere können das innerhalb weniger Tage.
Wichtig ist, dass du keine Beziehung aus einem Mangel heraus eingehst. Oder um es ganz unsensibel zu sagen: Um eine Lücke zu füllen.
Zuerst solltest du dich selbst weiterentwickeln. Lerne erst mal zu erkennen, was dir im Leben wirklich wichtig ist.
Willst du wirklich eine Partnerschaft nur damit jemand bei dir ist? Egal ob das passt oder nicht. Eher nicht, oder? Dadurch wirst du nicht glücklich und dein Partner erst Recht nicht. So eine Beziehung wird wahrscheinlich auch nicht von langer Dauer sein.
Wenn du eine gewisse Entwicklung hinter dir hast und auch verstehst, was es bedeutet, dich selbst zu lieben, wird alles andere ganz von alleine zu dir kommen.
Denn so wie du die Welt in deinem Inneren wahrnimmst, so zeigt sie sich dir auch im außen. Diese Erkenntnis ist wirklich extrem wichtig.
Das kann ein langer Prozess sein, wird sich jedoch viel mehr lohnen, als der Versuch, eine Lücke zu füllen.
Vertrau mir.
Eine Trennung ist auch eine Chance
Momentan fühlst du dich verzweifelt. Das kenne ich nur zu gut.
So sehnlich du dir jetzt auch wünschst, dass ähnlich wie in einer Sitcom, morgen alles wieder normal ist, kannst du nichts erzwingen. Dieser Prozess braucht seine Zeit.
Einiges davon wird Spuren bei dir hinterlassen. Ich werde beispielsweise niemals vergessen, wie ich mich an dem Abend fühlte, an dem ich in die gemeinsame Wohnung kam, nach dem meine Partnerin ausgezogen war. Die traurige halbleere Ruine vergangener Zeiten hat sich tief in mein Gedächtnis gebrannt.
Im Nachhinein sind all diese Dinge jedoch gar nicht mehr von Bedeutung. Sie waren nur der Anfang einer großen Entwicklung, die mich zu der Person werden ließen, die ich heute bin. Und das wird dir nicht anders ergehen.
Was passiert ist, hatte einem bestimmten Grund. Die Dinge, die zu dir kommen sollen, kommen, wenn die Zeit dafür reif ist. Damals hätte ich alles dafür gegeben zu erfahren, was der Grund sein könnte, das mir das passiert ist.
Heute weiß ich es. Und es ist das Beste, was passieren konnte.
In meinem Tagebucheintrag vom September 2013 hatte ich das bereits richtig erkannt:
„Weißt du, metaphorisch würde ich den momentan in mir ablaufenden Prozess so beschreiben, dass mit dieser Trennung ein Teil von mir stirbt. Das ist nichts Schlechtes. Im Gegenteil. Denn mit dem Tod dieses Teils, kann ein neuer und besserer Teil zum Leben erwachen. Nur vollzieht sich das Sterben so langsam und qualvoll. Ich kann kaum darüber schreiben. Das Leben lehrt auf eine harte Weise.“
Mein vergangenes Ich
Du wirst diese Erfahrung eines Tages zu schätzen wissen
Allein in einer neuen Wohnung zu leben war anfangs furchteinflößend. Nie zuvor hab ich mich so allein gefühlt.
Es hat Jahre gedauert bis ich meine Freiheit zu schätzen lernte. Und erst, als ich wirklich gelernt hatte, glücklich mit mir selbst zu sein und wusste, was ich vom Leben wollte, kam alles andere ganz von allein.
Ich war schließlich bereit, mein Leben allein und selbstbestimmt zu verbringen.
Und mit dieser Entscheidung war ich wirklich glücklich. Das war keine Verbitterung oder dergleichen. Es war die Erkenntnis, dass das, was wir Glück nennen, nicht von anderen kommen kann.
Das kann nur aus dir selbst, aus deinem Inneren entstehen.
Heute kann ich nur müde lachen, wenn mir Leute erzählen wollen, dass sie eine Partnerschaft brauchen, um glücklich zu sein.
Und damit kommen wir zur letzten und wichtigsten Erkenntnis, die ich dir aus dieser Erfahrung mitgeben möchte:
Ein Partner ist nicht für dein Glück verantwortlich. Sprüche wie: „Du machst mich glücklich.“ sind absoluter Bullshit. Dieser Bürde kann kein Partner gerecht werden und es ist einfach unfair jemanden so etwas aufzuerlegen.
Für dein Glück bist du selbst verantwortlich. Niemand sonst.
Hab keine Angst davor allein zu sein. Alleine zu sein bedeutet nicht einsam zu sein.
Du wirst lernen mit dir selbst klarzukommen, was einer der wichtigsten Fähigkeiten überhaupt ist. Und du wirst an dieser Erfahrung wachsen. Mehr als du es dir jetzt vorstellen kannst.
Wenn du noch Fragen oder Anregungen hast, schreib es mir gern in die Kommentare.
„Sei froh wenn es regnet, denn wenn du nicht froh bist, regnet es trotzdem.“
frei nach Karl Valentin
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